Ein Neuanfang für Leer: Auf Kellner folgt Kuhl
Autor: Carsten Tergast
Es war ein guter Tag für Leer. Was von vielen erhofft, ja: dringlichst erwartet wurde, ist eingetreten: Die Stadt Leer bekommt einen neuen Bürgermeister, genauer gesagt: eine neue Bürgermeisterin. Nach einer Übergangszeit wird Beatrix Kuhl am 1. November 2014 Wolfgang Kellner an der Spitze der Stadtverwaltung ablösen. Warum diese Übergangszeit dermaßen lange dauern muss, wird das Geheimnis derjenigen bleiben, die solche Regelungen erschaffen, aber nachdem diese Stadt ihn dreizehn Jahre lang ertragen musste, wird sie auch die letzten Monate mit dem Wahlverlierer noch schaffen.
Wird nun alles gut?
Die Antwort muss zunächst mal lauten: Es kann nur besser werden. Wolfgang Kellner hat mit seiner Art die Stadt gespalten. Es gab die harte Pro-Kellner-Fraktion, die alles bejubelt hat, was der Bürgermeister tat (und auch, was er nicht tat), weil sie auf unterschiedliche Weise vom Amtsinhaber profitierten. Und es gab diejenigen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht auf seiner Linie lagen und zu spüren bekamen, was das, gerade auch im menschlichen Bereich, bedeutet. Wie das Wahlergebnis zeigt, scheint die letztere Gruppe doch deutlich größer zu sein.
Beatrix Kuhl bekommt nun eine Chance. Die Chance, integrativ statt spaltend die Stadt zu führen. Gegensätzliche Meinungen zuzulassen, sie produktiv zu verwerten, und dabei trotzdem einen eigenen Führungsstil erkennen zu lassen. Natürlich wird auch sie mal Dinge „durchziehen“, die vielen nicht gefallen, das liegt in der Natur des Amtes. Aber die Art und Weise wird entscheidend sein.
Das Ergebnis von gestern abend wird bisher in allen Veröffentlichungen der örtlichen Presse etc. als überraschend beschrieben. War es das wirklich? Kann es wirklich überraschen, dass die Menschen einen Wechsel wollen, wenn sie sich nicht mehr gut vertreten fühlen? Dass dieser Eindruck entstanden ist, zeigt, wie stark die Stadt und die veröffentlichte Meinung sich in den Bann des Wahlverlierers haben ziehen lassen. Auch hier ist dringend wieder mehr Abstand und kritische Begleitung für die Zukunft nötig. Beatrix Kuhl braucht keine Claqueure und indirekten Profiteure, sondern kritische und produktive Begleitung ihrer Amtshandlungen durch Presse, Wirtschaft und Verwaltung.
Die Chance dazu ist nun da. Hoffen wir, dass sie genutzt wird. Zum Wohle der Stadt.